Gewalt ist niemals gerechtfertigt

 

Sie kann körperlich oder psychisch geschehen, kann verletzen, beleidigen, ausgrenzen und töten, geschieht zumeist in vollster Absicht oder zuweilen auch im Affekt. Gewalt kommt eben in differierenden Formen und mit vielerlei Gesichtern daher. Diejenigen, die Gewalt anwenden, wollen ein bestimmtes Ziel erreichen. Sie ist immer sehr schmerzhaft, tut körperlich weh und verletzt auch die Seele. Deshalb darf Gewalt auf keinen Fall geduldet, muss vielmehr geächtet und bekämpft werden. Eine von der Gemeinde Reken initiierte Veranstaltung zum Thema "Gewalt“ erlebten die Neuntklässler der Sekundarschule Hohe Mark und der Maria Veener Brückenschule jetzt gemeinsam im RekenForum.

 
Täter und Opfer von Gewalt erzählen ihre Geschichten vor Schülerinnen und Schülern im RekenForum.

Die Agentur „Mensch – aber wie?“ hat fünf Menschen gecastet und mit nach Reken gebracht, die in verschiedener Art und Weise mit Gewalt in Berührung gekommen sind. Zum Teil handelt es sich um Personen, die auf Grund einer Straftat vom Jugendamt dazu verpflichtet wurden. Andere wollen ihre Geschichten freiwillig der Öffentlichkeit preisgeben. Fünf Gäste - Täter und Opfer – berichten auf der Bühne über ihre Erfahrungen mit Gewalt, aber auch über ihre Gefühle und ihre Ängste. Ein Macho-Lautsprecher ist dabei, eine mobbende Schülerin, ein schlagender Lehrer, ein aggressiver Rechtsradikaler und die Zeugin einer Vergewaltigung, die durch ihr mutiges Eingreifen selbst zum Opfer geworden ist.


In einer Diskussionsrunde stellen sich die beteiligten Personen den Fragen der Neuntklässler.

„Um sein Recht zu bekommen, ist Gewalt ein notwendiges Mittel. Ich schlag alle weg, muß mich ja schließlich wehren. Wo Menschen sind, gibt es immer Gewalt“, ruft der wild gestikulierende Musiker Richie, macht Witze über Frauen und reißt Sprüche über alles und jeden. Gleichzeitig erzählt er, dass sein farbiger Freund ohne Grund von Neonazis brutal geknüppelt wurde und seither einen Rollstuhl braucht. Mit auf der Bühne sitzt Thorsten Lützek, ein pöbelnder Nazi par excellence, der wegen eines Überfalls zu 30 Monaten Gefängnis verurteilt ist. „Ich hatte das Recht, den Ausländer-Laden plattzumachen“, brüllt er in den Saal und behauptet populistisch: „Hunderttausende Ausländer sind illegal nach Deutschland gekommen. Die haben hier nichts zu suchen!“


Zum Abschluss der Präsentation teilen die Jugendlichen ihre Meinung über die Gewalttäter und Opfer mit.

Schülerin Nicole hat ihre korpulente Mitschülerin Annika so lange gemobbt, drangsaliert und beleidigt, bis diese aus dem Fenster sprang und starb. „Ist doch nicht meine Schuld, wenn die sich einfach umbringt, da kann ich mal überhaupt nichts dafür“, behauptet sie ohne jegliche Empathie und uneinsichtig. Auch das Schicksal des älteren Lehrers Harald Baumann, der einen Schüler nach permanenten respektlosen Attacken schlug, dafür verurteilt und versetzt wurde und sich seither in psychiatrischer Obhut befindet, sowie die Geschichte von Katrin Wollschläger, die eine Vergewaltigung verhinderte und dabei selbst eine schwere Verletzung davontrug, gehen den berührten und teils sehr betroffenen Schüler*innen sichtlich an die Nieren. Dass die Wortgefechte auf der Bühne nur gespielt sind, wissen die Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

 

Die wahren Identitäten der handelnden Personen werden erst nach dem Ende der Präsentation, nach einer Befragungsrunde und einer Bewertung der Protagonisten durch die Neuntklässler enthüllt. Auf diese Weise wirken die dargestellten Problemfelder Gewalt, Fremdenhass und Mobbing sehr echt und absolut lebensnah. Klaus Lützek und Richie sind in Wirklichkeit Schauspieler und haben seit längerem ein Engagement am Düsseldorfer „theatertill“, ebenso wie ihre zwei Kolleginnen und der Kollege. Alle fünf Geschichten sind demgegenüber aber nicht erfunden, sondern - wenn auch nicht den Schauspielern persönlich - genauso und mitten im ach so weltoffenen und fortschrittlichen Deutschland passiert. (hh)